Änderungen des Nachweisgesetzes

Am 01.08.2022 ist das neue Nachweisgesetz in Kraft getreten. Die Änderungen gehen auf die EU-Richtlinie 2019/1152, die so genannte „Arbeitsbedingungen-Richtlinie“ zurück, die die Anpassungen erforderlich machte.

Sinn und Zweck der Richtlinie ist es, die Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer transparenter und verlässlicher zu machen und dadurch Streitigkeiten vorzubeugen.

Die bisherige Fassung des Nachweisgesetzes bestimmte lediglich, dass der Arbeitgeber die wichtigsten Vertragsbedingungen innerhalb eines Monats nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen und diese dem Arbeitnehmer auszuhändigen habe.

Dies waren die folgenden Vertragsbedingungen:

  • Namen und Anschriften der Vertragsparteien
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Arbeitsort
  • Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
  • Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.

Das neue Nachweisgesetz bestimmt nunmehr, dass zusätzlich noch folgende Punkte schriftlich festgehalten werden müssen:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Ggf. freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
  • Sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.

Diese Regelungen gelten unmittelbar nur für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 01.08.2022 neu begründet werden. Die Niederschrift mit den Informationen über den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung sowie über die Arbeitszeit muss bereits am ersten Arbeitstag vorgelegt werden, die weiteren Nachweise müssen spätestens nach sieben Kalendertagen nachgereicht werden.

Für bereits vor dem 01.08.2022 bestehende Arbeitsverhältnisse gilt, dass die Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nur dann schriftlich über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen unterrichtet werden müssen, wenn sie dies vom Arbeitgeber ausdrücklich verlangen. Der Arbeitgeber muss darauf innerhalb von 7 Tagen reagieren, bzw. bei Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen spätestens innerhalb eines Monats.

Über Änderungen der wesentlichen Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer allerdings spätestens am Tag des Inkrafttretens der Änderung unterrichten. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sind hiervon ausgenommen.

Eine entscheidende Änderung gegenüber der alten Fassung des Nachweisgesetzes ist, dass das Gesetz nun erstmals eine Sanktion in Form eines Bußgelds von bis zu 2.000 EUR für den Fall vorsieht, dass der Arbeitgeber gegen die Pflichten verstößt, indem er die vorgeschriebenen Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erteilt und dem Arbeitnehmer aushändigt.

Bisher gab es keine unmittelbaren Konsequenzen für den Arbeitgeber, mit Ausnahme von etwaigen Nachteilen in Bezug auf die Beweislast bei arbeitsgerichtlichen Prozessen.

Fazit: Arbeitgeber sollten sich unbedingt vergewissern, dass sie vor Neueinstellungen ihre Arbeitsverträge an die neuen Vorgaben anpassen, sofern sie dies noch nicht getan haben.

Arbeitnehmern ist zu empfehlen, ihre Arbeitsverträge auf fehlende Angaben zu überprüfen und ggf. die Ergänzung dieser Angaben vom Arbeitgeber zu verlangen.

Rechtsanwältin

Gesa Bendfeldt

 

 

 

 

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Ausschluss- oder Verfallklauseln in Arbeits- und Tarifverträgen – Das Aus für jegliche Ansprüche?

Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen oder in Tarifverträgen, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, bewirken grundsätzlich, dass Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag verfallen, wenn Sie nicht zeitnah geltend gemacht werden. Davon sind häufig Ansprüche des Arbeitnehmers auf Vergütung (auch Überstundenvergütung, Urlaubsansprüche, etc.) betroffen.

Ausschussfristen müssen aber, um wirksam zu sein, für beide Seiten, also für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen gelten.

Außerdem müssen die Ausschussfristen in Arbeitsverträgen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mindestens 3 Monate betragen. Sie sind meist 2-stufig, d.h. innerhalb von 3 Monaten nach Entstehen des Anspruchs müssen die Ansprüche zunächst schriftlich, bzw. in Textform (auch E-Mail) gegenüber dem anderen Vertragspartner geltend gemacht werden. Reagiert der Vertragspartner darauf nicht oder lehnt er die Ansprüche ab, muss der Anspruchsteller Klage vor dem Arbeitsgericht erheben.

Für alle nach dem 31.12.2014 geschlossenen Arbeitsverträge gilt, dass darin geregelte Ausschluss- oder Verfallklauseln Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn von der Ausschlussfrist ausdrücklich ausnehmen müssen. Tun sie dies nicht, sind diese insgesamt unwirksam, das heißt, dass sämtliche Ansprüche – also auch solche, die sich nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn beziehen – nach Ablauf der Ausschlussfrist weiterhin durchsetzbar bleiben (vgl. BAG Urteil vom 18.09.2018 9 AZR 162/18).

Anders hat das Bundesarbeitsgericht in Bezug auf tarifvertragliche Ausschlussklauseln entschieden. Zunächst einmal können tarifvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen auch kürzer sein als 3 Monate.

In Bezug auf den gesetzlichen Mindestlohn gilt laut Bundesarbeitsgericht, dass eine Ausschlussfrist im Tarifvertrag, auch wenn diese den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt, für alle anderen Ansprüche trotzdem wirksam ist. Lediglich Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn können auch nach Ablauf der tarifvertraglichen Ausschlussfrist noch durchgesetzt werden (vgl. BAG Urteil vom 20. Juni 2018, Az: 5 AZR 377/17).

Fazit: Auch wenn sich im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag Ausschlussklauseln finden, können einzelne Ansprüche unter Umständen noch durchsetzbar sein. Es sollte daher immer genau hingeschaut werden, bzw. anwaltlicher Rat eingeholt werden, bevor die Ansprüche endgültig aufgegeben werden.

Gesa Bendfeldt

Rechtsanwältin

Featured Image Neue Regelungen zur Arbeit auf Abruf

Neue Regelungen zur Arbeit auf Abruf

Was ist eigentlich „Arbeit auf Abruf“? Es handelt sich um geringfügige
Beschäftigungsverhältnisse, bei denen die Arbeitnehmer häufig auch als „Aushilfen“
bezeichnet werden, da diese nach Bedarf eingesetzt werden.

Allerdings ist es dem Arbeitgeber in solchen Konstellationen, anders als die Bezeichnung es
vielleicht vermuten ließe, keineswegs völlig freigestellt, ob und für wie viele Stunden er die
Arbeitskraft des Arbeitnehmers in Anspruch nimmt und damit das volle Beschäftigungsrisiko
auf den Arbeitnehmer zu verlagern.

Die gesetzliche Grundlage für die Arbeit auf Abruf ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz
geregelt, genauer im § 12 TzbfG.

Zunächst einmal schreibt das Gesetz vor, dass im Arbeitsvertrag eine Mindestdauer der
wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festgelegt werden soll.

Unterbleibt dies, so bestimmt das Gesetz eine wöchentliche Mindestarbeitszeit, für die der
Arbeitnehmer auf jeden Fall bezahlt werden muss, egal ob er gearbeitet hat oder nicht.
Bisher betrug die wöchentliche Mindestarbeitszeit in diesem Fall 10 Stunden. Diese wurde
nunmehr auf 20 Wochenstunden erhöht.

Für die Dauer der täglichen Arbeitszeit gilt eine Mindestarbeitszeit von 3 Stunden, sofern im
Vertrag nichts Anderes geregelt ist.

Es ist also aus Arbeitgebersicht unbedingt zu empfehlen, eine wöchentliche und tägliche
Mindestarbeitszeit vertraglich festzulegen.

Neuerdings ist nunmehr auch geregelt, inwieweit der Arbeitgeber bei Vereinbarung einer
Mindestarbeitszeit berechtigt ist, den Arbeitnehmer darüber hinaus in Anspruch zu nehmen,
nämlich bis zu 25 % der wöchentlichen Mindestarbeitszeit zusätzlich. Sofern auch eine
wöchentliche Höchstarbeitszeit vereinbart ist, darf der Arbeitnehmer nur bis zu 20 % der
vereinbarten wöchentlichen Höchstarbeitszeit weniger abrufen. Hier hat der Gesetzgeber
lediglich umgesetzt, was sich bereits zuvor durch die Rechtsprechung des BAG
herausgebildet hatte.

Abgesehen davon schreibt das Gesetz vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
mindestens 4 Tage vorher mitteilen muss, wann er zur Arbeit erscheinen soll. Bei
Nichteinhaltung dieser Ankündigungsfrist ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, zu
erscheinen. Diese Regelung ist unverändert geblieben.

Schließlich ist auch ausdrücklich vorgeschrieben, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
und an Feiertagen zu berechnen ist.

Hiervon kann nur durch Tarifvertrag abgewichen werden.

Fazit: Für so genannte „Null-Stunden-Verträge“ ist im deutschen Recht kein Raum.

Gesa Bendfeldt
Rechtsanwältin

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Neues Urteil des BAG zur sachgrundlosen Befristung

Interessant ist ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur sachgrundlosen Befristung vom 23.01.2019 (Az. 7 AZR 733/16).

Zuletzt hatte die SPD in der Regierungskoalition versucht durchzusetzen, dass die sachgrundlose Befristung ganz abgeschafft wird. Stattdessen soll die sachgrundlose Befristung nun zukünftig anstatt für 24 Monate nur noch längstens für 18 Monate zulässig sein. Bereits aufgrund der bestehenden Rechtslage ist jedoch klar, dass eine sachgrundlose Befristung jedenfalls nur dann zulässig ist, wenn nicht schon zuvor zwischen dem Arbeitgeber und demselben Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, egal ob befristet oder unbefristet (§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG).

Im Jahre 2011 hatte das BAG dieses Verbot insofern eingeschränkt, indem es entschied, dass Vorbeschäftigungen, die länger als 3 Jahre zurückliegen, hierbei nicht zu berücksichtigen seien, d.h. nach einer Pause von mehr als 3 Jahren durfte ein Arbeitgeber denselben Arbeitnehmer durchaus erneut ohne Sachgrund befristet einstellen.

Dieser Auslegung des BAG hat das Bundesverfassungsgericht allerdings durch eine Entscheidung vom 06.06.2018 eine Absage erteilt und klargestellt, dass der Gesetzgeber bewusst keine zeitliche Begrenzung des Verbots vorgegeben habe.

Aufgrund dessen musste das BAG nun seine Rechtsprechung ändern und hat entsprechend entschieden, dass eine frühere Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber, die bereits 8 Jahre zurücklag, einer sachgrundlosen Befristung eines erneuten Arbeitsverhältnisses entgegenstehe.

Der klagende Arbeitnehmer bekam daher mit seiner Klage, die auf die Feststellung gerichtet war, dass die Befristung unwirksam sei, Recht sodass sein Arbeitsverhältnis nunmehr unbefristet ist und fortbesteht.

Ein Hintertürchen hat das BAG dabei allerdings noch offen gelassen: Wenn die frühere Beschäftigung zum Beispiel sehr lange zurückliege, anders geartet oder nur von kurzer Dauer gewesen sei, könne eventuell doch eine erneute Befristung zulässig sein. 8 Jahre reichten dafür nach Auffassung des BAG jedoch nicht aus.

Gesa Bendfeldt

Rechtsanwältin

Der gesetzliche Mindestlohn

Höhe und Geltungsbereich des Mindestlohns

Zum 01. Januar 2015 wurde durch das Mindestlohngesetz erstmals der gesetzliche Mindestlohn für alle Branchen eingeführt. Die Höhe des Mindestlohns betrug ab dem 1. Januar 2015 zunächst 8,50 Euro brutto je Zeitstunde, ab  dem 1. Januar 2017 wurde dieser auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde festgesetzt. Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag der Mindestlohnkommission durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

Die Mindestlohnkommission hat alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des Mindestlohns zu beschließen. Die nächste Anhebung steht damit zum 1. Januar 2019 an.

Vereinbarungen, die geringere Vergütungen beinhalten oder die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind unwirksam. Der Mindestlohn gilt auch für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, für angestellte Ehefrauen und Familienangehörige.

Sofern einzelne Branchen höhere Mindestlöhne vereinbart haben, gehen diese dem gesetzlichen Mindestlohn vor. Dies gilt etwa für Gebäudereiniger, denen seit dem 01.01.2017 bereits ein höherer Mindestlohn von 10,00 EUR pro Stunde für Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, bzw. von 13,25 EUR für Glas- und Fassadenreinigungsarbeiten zusteht.

Arbeitgeber sind unabhängig davon, ob sie ihren Sitz im In- oder Ausland haben, zur Zahlung des Mindestlohns für sämtliche im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet.

Gesetzlicher Mindestlohn auch für Bereitschaftszeiten

Der gesetzliche Mindestlohn ist für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen. Zur vergütungspflichtigen Arbeit rechnen auch Bereitschaftszeiten, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort – innerhalb oder außerhalb des Betriebs – bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen.

Ausnahmen beim Mindestlohn

  1. Praktikanten
    In folgenden Fällen ist kein Mindestlohn fällig:

    • Die Praktikantinnen und Praktikanten leisten ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie,
    • Es handelt sich um ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums.
    • Die Praktikantinnen und Praktikanten leisten ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.
    • Es handelt sich um eine Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder um eine Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes.
  2. Kinder und Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung (§ 22 Abs. 2 Mindestlohngesetz betrifft Jugendliche, welche noch nicht 18 Jahre alt sind.)
  3. Zur Berufsausbildung beschäftigte Personen (§ 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz)
  4. Ehrenamtlich Tätige (§ 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz)
    Dazu zählen auch Personen, die einen Freiwilligendienst leisten.
  5. Langzeitarbeitslose (§ 22 Abs. 4 Mindestlohngesetz)
    Dazu zählen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unmittelbar vor der Beschäftigung ein Jahr oder länger arbeitslos gemeldet waren (Langzeitarbeitslose nach § 18 Abs. 1 SGB III). Für diese gilt der gesetzliche Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der neuen Beschäftigung nicht.

Dokumentationspflicht der Arbeitgeber

Der § 17 des Mindestlohngesetzes enthält umfangreiche Dokumentationspflichten für Geringfügig entlohnte Beschäftigungen und kurzfristige Beschäftigungen sowie für Branchen nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes:

Branchen nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes sind:

  • Baugewerbe,
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  • Personenbeförderungsgewerbe,
  • Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
  • Schaustellergewerbe,
  • Unternehmen der Forstwirtschaft,
  • Gebäudereinigungsgewerbe,
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen sowie
  • die Fleischwirtschaft

Die Dokumentationspflicht in diesen Branchen gilt nicht für Beschäftigte, die regelmäßig monatlich mehr als 2.958 Euro verdienen, bzw. wenn das verstetigte regelmäßige Monatsentgelt mehr als 2.000 Euro brutto beträgt und dieses Monatsentgelt jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich gezahlt wurde.

Bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen gelten die Aufzeichnungspflichten nicht. Auch geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten sind von der Verpflichtung ausgenommen.

Interimslösung bei Mindestlohn im reinen Transitverkehr

Für ausländische Lkw-Fahrer, die lediglich durch Deutschland fahren, gilt der Mindestlohn vorerst nicht mehr. Die Mindestlohnregelung wurde bis zur Klärung europarechtlicher Fragen ausgesetzt. Für Lkw, die in Deutschland be- und entladen werden, gilt aber der Mindestlohn.

Ob die Anwendung des Mindestlohns auf den reinen Transit durch Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist, wird durch ein so genanntes Pilotverfahren geklärt.

Diese Aussetzung gilt jedoch nicht für den Bereich der so genannten Kabotagebeförderung und nicht für den grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- oder Entladung in Deutschland. Diese Übergangslösung gilt so lange, bis die europarechtlichen Fragen bezogen auf die Anwendung des Mindestlohns im Transitbereich geklärt sind.

 

Personalgespräch trotz Krankheit?

BAG entscheidet zum Personalgespräch trotz Krankheit

Ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, während seiner Krankheit beim Arbeitgeber zu einem Personalgespräch zu erscheinen?

Nein, das muss er nicht, wie das Bundesarbeitsgerichts vom 2. November 2016 entschieden hat.

Hintergrund war, dass ein Krankenpfleger aufgrund eines Unfalls längere Zeit arbeitsunfähig war. Zuletzt war er verletzungsbedingt – befristet bis zum 31. Dezember 2013 als medizinischer Dokumentationsassistent eingesetzt. Als er von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 erneut arbeitsunfähig krank war, lud ihn der Arbeitgeber im Dezember 2013 „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ zu einem Personalgespräch am 6. Januar 2014 ein. Nachdem der Kläger seine Teilnahme unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ablehnte, übersandte ihm der Arbeitgeber erneut eine Einladung für den 11. Februar 2014 und forderte ihn auf, für den Fall einer erneuten Absage ein spezielles Attest vorzulegen, aus dem sich ergebe, dass er zur Teilnahme an dem Personalgespräch aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei. Der Kläger lehnte jedoch die Teilnahme erneut ab, ohne ein solches Attest beizubringen. Daraufhin mahnte ihn der Arbeitgeber mit Schreiben vom 18. Februar 2014 ab.

Der Krankenpfleger erhob daraufhin Klage vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Damit hat er in allen Instanzen Recht bekommen.

Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers – so das Bundesarbeitsgericht umfasse auch die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb anberaumten Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO). Während der Arbeitsunfähigkeit sei der Arbeitnehmer aber nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, müsse also auch nicht im Betrieb erscheinen.

Allerdings stellte das BAG auch klar, dass es dem Arbeitgeber nicht grundsätzlich verboten sei, mit einem erkrankten Arbeitnehmer in Kontakt zu treten, um mit ihm über die Möglichkeiten der Beschäftigung nach der Arbeitsunfähigkeit zu sprechen.  Er müsse aber ein berechtigtes Interesse daran haben und dieses benennen. Der Arbeitnehmer müsse allerdings nur dann im Betrieb erscheinen, wenn dies aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und dem Arbeitnehmer aufgrund seiner gesundheitlichen Situation zumutbar sei.

In dem hier entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber jedoch keine Gründe dafür vorgetragen, warum das persönliche Erscheinen des Klägers unverzichtbar war. Daher hatte der Kläger zu Recht die Teilnahme an dem Gespräch verweigert und die Abmahnung war demnach unberechtigt, sodass der Arbeitgeber diese aus der Personalakte entfernen musste.

Gesa Bendfeldt

Rechtsanwältin

Ausschluss- oder Verfallklauseln

Ausschluss- oder Verfallklauseln und aktuelle Rechtsprechung des BAG

Ausschlussklauseln (oder auch Verfallklauseln genannt) finden sich häufig in Arbeitsverträgen, aber auch in Tarifverträgen. Diese beschränken die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis in zeitlicher Hinsicht, in dem sowohl der Arbeitnehmer, als auch der Arbeitgeber diese nicht mehr durchsetzen kann, sofern er diese nicht innerhalb einer relativ kurzen Frist gegenüber der anderen Vertragspartei geltend macht.

Es gibt auch gesetzliche Ausschlussfristen, wie etwa die Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. § 4 Kündigungsschutzgesetz, die drei Wochen nach Erhalt einer Kündigung abläuft oder die Frist zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gem. § 15 Abs. 4 AGG, die zwei Monate beträgt.

Wo es keine Ausschlussfristen gibt, können die meisten Ansprüche, etwa auf Arbeitsentgelt oder auf Überstundenvergütung, Höhergruppierung, Erteilung eines Arbeitszeugnisses, Rückerstattung von zuviel gezahlter Vergütung etc. erst dann nicht mehr durchgesetzt werden, wenn sie verjährt sind und das ist nach dem Gesetz erst drei Jahre nach ihrer Entstehung. Auch tritt die Wirkung der Verjährung nur dann ein, wenn sich der Anspruchsgegner ausdrücklich auf die Verjährung beruft, d.h. das Arbeitsgericht stellt die Verjährung nicht von sich aus fest.

Vertragliche Ausschluss- oder Verfallfristen müssen mindestens drei Monate betragen. Kürzere Ausschlussfristen sind unzulässig, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Im Unterschied zur Verjährung sind die Ansprüche nach Ablauf der Frist jedoch absolut ausgeschlossen, also auch, wenn sich der Anspruchsgegner darauf nicht ausdrücklich beruft. Das Arbeitsgericht prüft von Amts wegen, ob eine Ausschlussfrist wirksam vereinbart und diese eingehalten wurde.

Es gibt einstufige und zweistufige Ausschlussfristen. Eine einstufige Ausschlussfrist bestimmt, dass ein Anspruch verfällt, wenn dieser innerhalb der bestimmten Frist gegenüber dem Anspruchsgegner schriftlich geltend gemacht wird. Eine zweistufige Frist bestimmt darüber hinaus auch noch eine weitere Frist, innerhalb derer der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden muss, sofern der Gegner diesen nicht erfüllt. Auch diese Frist muss mindestens drei Monate betragen.

Ist eine Ausschlussfrist unwirksam, etwa weil diese zu kurz ist, so hat dies zur Folge, dass die gesamte Klausel unwirksam ist, also die Ansprüche zeitlich nur durch die Verjährung begrenzt sind.

Aktuell hat nun das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24.08.2016 entschieden, dass in Branchen, für die ein Mindestlohn gilt, die Vereinbarung einer Ausschlussfrist nur dann wirksam ist, wenn die Mindestlohnansprüche dabei ausdrücklich ausgenommen sind, da eine solche Klausel andernfalls gegen § 3 Satz 1 Min­dest­l­ohn­ge­setz (Mi­LoG) verstößt.  Danach sind Ver­ein­ba­run­gen, die den An­spruch auf Min­dest­lohn un­ter­schrei­ten oder sei­ne Gel­tend­ma­chung be­schränken oder aus­sch­ließen, un­wirk­sam (vgl. Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 24.08.2016, Az. 5 AZR 703/15).

Gesa Bendfeldt

Rechtsanwältin

BAG-Urteil zur Altersdiskriminierung

BAG-Urteil zur Altersdiskriminierung

Auch in einem Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann die Kündigung einer Arbeitnehmerin/eines Arbeitnehmers unter Umständen unwirksam sein und sogar zu einem Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung durch den Arbeitgeber führen, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer wegen Ihres/seines Alters gekündigt wurde. Dies kann gemäß dem Urteil des BAG vom 23.07.2015, Az. 6 AZR 457/14 eine unzulässige Benachteiligung im Sinne von § 22 AGG darstellen.

Die Ausgangssituation

Geklagt hatte eine 1950 geborene Angestellte in einer Arztpraxis. Außer ihr waren noch 4 jüngere Arbeitnehmerinnen dort beschäftigt. Der Arbeitgeber hatte ihr zum Ende Dezember 2013 das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil Veränderungen des Arbeitsbereichs der Arbeitnehmerin zu Umstrukturierungen in der Praxis geführt hatten.
Allerdings führte der Arbeitgeber in der Kündigung an, die Arbeitnehmerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Die Arbeitnehmerin machte mit ihrer Klage geltend, diese Aussage beinhalte eine unzulässige Benachteiligung wegen ihres Alters. Dies bestritt der Arbeitgeber und behauptete, die Kündigung sei wegen zu erwartender wirtschaftlicher Einbußen erfolgt und die Wahl sei nur deshalb auf die Klägerin gefallen, da sie schlechter qualifiziert sei als die anderen Arbeitnehmerinnen. Mit dem Altern habe das nichts zu tun.

Das Urteil

Das BAG entschied jedoch – anders als die vorinstanzlichen Gerichte – zu Gunsten der Klägerin, da der Arbeitgeber keinen ausreichenden Beweis dafür erbracht habe, dass trotz der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ eine Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Die Erwähnung dieses Begriffs lasse eine Altersdiskriminierung vermuten. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist gem. § 10 Satz 1 AGG nur dann zulässig wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Gemäß § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Der Arbeitgeber trägt daher die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens eines legitimen Ziels im Sinne dieser Vorschriften.
Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass auch Arbeitgeber in Kleinbetrieben vor dem Ausspruch einer Kündigung sehr genau überlegen sollten, wie sie diese formulieren und begründen und sich im Zweifel lieber rechtlichen Rat einholen sollten. Auch in einem Kleinbetrieb kann eine unbedachte Formulierung zur Unwirksamkeit und letztlich auch zur Schadensersatzpflicht führen. Für die Arbeitnehmer in Kleinbetrieben heißt es selbstverständlich auch, dass sie unter Umständen eine Kündigung nicht einfach hinnehmen müssen.